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Alexander
Auer

Verbannt die Banner

Sie sind bunt, sie blitzen, blinken und rotieren. Und sie versuchen mit allen Mitteln den User dazu zu bewegen, auf sie zu klicken. Die Rede ist von den Werbebotschaften auf Webseiten, auch Banner genannt. Durch das Programm ‚WebWasher' soll endlich Schluß sein mit werbeüberladenen Webseiten.

Seit sich das Internet von einer Spielwiese für einige auserwählte Freaks zu einem kommerziellen Medium entwickelt hat, sind sie allgegenwärtig. Bannerwerbungen. Für die Plazierung eines Banners auf der Startseite von Yahoo muß man inzwischen astronomische Summen bezahlen.

Was für den User oft eine Qual ist, da er längere Ladezeiten in Kauf nehmen muß, ist für andere der einzige Weg, ihr Angebot zu finanzieren. Denn ohne Werbeeinnahmen hätten wohl schon viele Seitenbetreiber aufgegeben.

Über Sinn und Unsinn der Bannerwerbung kann man jedenfalls geteilter Meinung sein. Die Wirkung dieser Art von Werbung ist durchaus umstritten. Die Click - Through Rate, also die Anzahl der Klicks auf eine Banneranzeige, liegt nur bei etwa 2%. Eine repräsentative Studie des Electronic Media Service (EMS) kam allerdings zu dem Ergebnis, daß etwa fünf mal so viele Menschen die Banner wahrnehmen und durchaus auch positiv davon beeinflusst werden. Ebenso konnte bei Personen, die sich an einen bestimmten Banner erinnern konnten Sympathiezuwächse für die jeweilige Marke festgestellt werden. Zusatzprogramme, die das Erkennen und Ausblenden dieser Banner versprechen sind eigentlich nichts Neues. Sie existieren schon mehrere Jahre in diversen Shareware- bzw. Freewarearchiven (wie z.B. http://www.tucows.com). Doch seit die Firma Siemens ein entsprechendes Programm, nämlich den ‚WebWasher' entwickelt hat, steigen einige Webmaster auf die Barrikaden.

Vor allem jene Webmaster, die ihre kostenlosen Dienstleistungen im Internet mittels Werbeeinschaltungen finanzieren. An der Spitze der Protestbewegung steht Peter Decker von der Webhits Internet Design GmbH. Er gründete die Aktion ‚Wash and Go' (zu finden unter http://www.webhits.de/webhits/wash_and_go.htm ). Eine eigene Unterschriftenliste wurde aufgelegt, um Siemens zur Rückname des umstrittenen Programms zu bewegen.

Die Kritik im Originalton: "Sogenannte ‚Waschprogramme' und ‚Bannerkiller' bedrohen die gesamte Infrastruktur des Internets. Viele (kommerzielle und private) Webseiten brauchen Sponsoren und könnten ihren Dienst einstellen, wenn die Serverkosten nicht wenigstens teilfinanzierbar sind."

Die Aktion droht mit technischen Gegenmaßnahmen (WebWasher Benutzer bekommen veränderte Seiten zu sehen), Schaltung von Protestbannern und Boykottaufrufen gegen Siemens.

Die Firma Siemens versteht die Aufregung um ihr Programm nicht. Allerdings scheint man die Protestaktionen auch nicht wirklich ernst zu nehmen. Außer einer kurzen Kenntnisnahme ist bis heute noch keine offizielle Erklärung zu den Vorwürfen bei ‚Wash and Go' eingelangt. Auch wir konnten auf Nachfrage bei Siemens keine solche erwirken. Trotzdem stellt sich die Frage, ob der ganze Aufruhr nicht nur ein Sturm im Wasserglas ist bzw., ob die lautstarken Proteste ( immerhin haben bisher mehr als 1200 Webmaster den offiziellen Protestbrief unterschrieben) nicht gegenteilige Auswirkungen haben. Viele Benutzer sind erst durch die ‚Wash and Go' - Aktion auf das Programm aufmerksam geworden.

Der WebWasher im Praxistest
Preis: Kostenlos für den privaten Gebrauch, bei kommerzieller Verwendung 19.95 $
Bezug: http://www.siemens.de/servers/wwash/wwash_de.htm
Größe: 643 kB

Vor allem weniger erfahrene Computerbenutzer werden bei der Installation eine ausführliche Gebrauchsanweisung vermissen. Es wird zwar auf der Siemens Homepage eine Frequently Asked Questions -Seite angeboten, einiges Herumprobieren wird trotzdem den wenigsten erspart bleiben.

Das Programm selbst arbeitet durchaus zufriedenstellend. Ob allerdings die von Siemens propagierten 45 Prozent Einsparung bei Ladezeiten tatsächlich erreicht werden kann, ist wohl eher zu bezweifeln.

Der Webwasher filtert sowohl unliebsame Werbebanner, als auch Popup - Fenster (wie sie auf Geocities bzw. Tripod Homepages eingesetzt werden) und Werbeframes heraus. Und dies in einer durchaus beachtlichen Menge. So wurden in unserer Testzeit von 14 Tagen insgesamt über 1100 Bilder ausgesondert. Doch hier setzt auch gleich die Kritik an. Nicht immer kann der Webwasher zwischen Werbung und normalen Bildern unterscheiden. Dies liegt an den Kriterien, die der Filterung zu Grunde liegen. Einerseits werden Grafiken, die von andern Servern zugeladen werden, ausgesondert, andererseits sieht die Grundeinstellung eine Filterung von Grafiken bestimmter Größen vor. Hat nun z.B. ein Navigationselement eines dieser kritischen Formate (z.B. 100x70, 130x80 Pixel), wird auch solch ein Button einfach nicht angezeigt.

In die gleiche Kerbe schlägt auch Christine Kühnel, eine anerkannte Expertin für JavaScript, mit ihrer Kritik. Der Webwasher deaktiviert auch Scripts, die Werbung in eigenen Popup-Fenstern erscheinen lässt. Dadurch würden auch einige Internetseiten unbrauchbar, die diese Fenster für die Navigation verwenden.

Nach unserer Testerfahrung ist das Programm durchaus in der Lage, zwischen ‚guten' und ‚schlechten' Scripts zu unterscheiden. Allerdings lässt sich im Nachhinein nur schwer sagen, WAS nun eigentlich vom Programm gefiltert wurde.

Zusammenfassend kann man sagen, daß der WebWasher durchaus ein sinnvolles Tool ist für Leute, die sich von Bannerwerbung gestört fühlen. Daß mit diesem Programm der Tod der Online - Werbung eingeläutet wird, ist wohl zu bezweifeln. Die Filtermechanismen sind relativ leicht zu durchschauen und können ohne viel Aufwand vom Webmaster umgangen werden.

Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis kreative Werbetreibende die Filter austricksen. Wer bis dahin dem Banner-Wahnsinn ein wenig entkommen möchte, sollte sich das Programm installieren.


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