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von
Alexander
Auer
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Der Sinn des Lebens

Die Wände schienen immer näher zu kommen, die Decke drohte mir auf den Kopf zu stürzen.
Sonntag Nachmittag.
Wenn es in unserem beschränkten Erfahrungsbereich ein Equivalent zur Ewigkeit gibt, dann sind es verregnete Sonntag Nachmittage, die man alleine zu Hause verbringt.
Die letzte Nacht war lang und alkoholisch gewesen und ein dumpfes Dröhnen in den hinteren Regionen meiner Großhirnrindemachte mich auf diesen Umstand aufmerksam. Wie ich nach Hause gekommen bin, ist mir ein Rätsel, Tatsache ist jedoch, daß ich heute morgen einen fremden Socken in meiner Jackentasche fand. Schätze das gehört zu den Sachen, die man seinem Biographen dann doch lieber verschweigt.
Gegen Mittag widerstand ich dem Drang, den Tag endgültig aus dem Kalender zu streichen. "Carpe Diem!", rief mir mein Gewissen mit lauter Stimme zu, um das Dröhnen zu übertönen. Kein Wunder, daß es so frisch und ausgeruht war, es hatte ja auch gestern abend in dem Pub mit Abwesenheit geglänzt.
Aus Energiespargründen verzichtete ich darauf, frischen Kaffee aufzustellen und schüttete statt dessen die Reste der vergangenen Tage aus verschiedenen Tassen in meine letze Saubere. Wobei der Ausdruck 'sauber' in diesem Zusammenhang eher als relative Position im Vergleich zum Rest meines Geschirrs zu verstehen ist.
Die Lektüre der Sonntagszeitungen bewies mir, daß die Welt noch immer die war, die ich noch nie hatte ausstehen können.
Versuche, meine Zeit vor dem Fernseher totzuschlagen, endeten mit einer akuten Franz-Antel-Überdosis. Ich glaube, das ist die Taktik des ORF: Solange am Sonntag noch Heimatfilme laufen, ist die die Welt noch nicht total vor die Hunde gegangen.
Ich griff zur Fernbedienung und stellte den Apparat ab. Die darauf eintretende Stille wurde nur vom leisen Plätschern der Regentropfen, die gegen mein Fenster klopften, beeinträchtigt. Schließlich setzte ich mich an das Fenster und starrte hinaus. Dicke Wolken zogen schwerfällig über den Himmel, als würden sie sich mit aller Kraft dagegen wehren, diesen gastlichen Ort zu verlassen. Die Birke im Garten wirkte einsam und verlassen. So ganz anders, als im Frühjahr, wenn sie mir ihre Pollen schickt und mich damit zu Tränen rührt.
Die ganze Szenerie hatte etwas fürchterlich trostloses an sich, wie von einem mittelmäßigen Schreiberling erfunden, der keinerlei Gespür für relitätsnahe Landschaftsbeschreibungen hat.
Ich dachte an den gestrigen Abend zurück. Wir waren in einem dieser irischen Pubs gesessen, die in der Happy Hour alle Getränke zum halben Preis anbieten. Fünf Minuten vor Ende haben wir uns noch schnell mit mehreren Litern Guiness eingedeckt, um auch in den nächsten Stunden happy zu bleiben. Das Tolle an Guiness ist, daß es im Vergleich zu normalem Bier nicht ausraucht. Wahrscheinlich geht es einfach irgendwann vom flüssigen in einen festen Zustand über.
Nach einiger Zeit haben wir angefangen zu philosophieren.
Wurden wir von einem Gott erschaffen? Und wenn ja, wer hat dann Gott erschaffen? Was ist hinter der Unendlichkeit? Gibt es Paralleluniversen? Ist unsere Erde vielleicht nur Teil eines Atoms einer Kuhflade in einem größeren Universum? Gibt es intelligentes Leben auf der Erde? Ist unsere ganze Lebenswelt vielleicht nur eine Simulation im Laboratorium irgendwelcher Außerirdischer?
Ja, wir waren richtig gut. Auch die Nachbartische haben sich irgendwann recht lebhaft an der Diskussion beteiligt. Das Letzte, an das ich mich erinnern kann, ist, daß zwei Männer, die sich vorher nicht gekannt haben, sich darum geprügelt haben, ob der Mensch eine spirituelle Seele hat oder ein rein biologisches Konstrukt ist. Die Seele überzeugte schließlich mit einer satten rechten Geraden. Damit wäre zumindest diese Frage geklärt.
All diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich in das trübe Grau dieses Tages starrte. Und plötzlich fing sich vor meinem geistigen Auge ein Bild zu formen an. All diese Fragen wirbelten durcheinander und vermischten sich auf beinahe magische Weise. Als würde sich langsam eine Nebelwand heben und den Blick freigeben auf eine wunderbar sonnendurchflutete Landschaft. Puzzlesteinen gleich fügten sie sich ineinander, unaufhaltsam, ohne daß ich viel dazu tun mußte. Es war einfach alles vorhanden. Die Zeit war reif. Und das Bild war fertig! Die ultimative Antwort stand vor mir. Die Quintessenz aller Fragen, die sich die Menschheit seit Jahrtausenden immer und immer wieder stellt.

Der Sinn des Lebens.

Anfangs war ich total verwirrt. Das konnte es doch gar nicht geben, oder? Warum ich? Ich bin kein Philosoph, keiner der großen Geister unserer Zeit. Und doch, ich wusste, es war unumstößlich. Es gab eigentlich überhaupt keinen Zweifel.
Endlich machte alles einen Sinn. Krieg und Frieden, Geburt und Tod, Liebe, Hass, Zufall, Leid und Freude. Es hatte tatsächlich alles einen Sinn.
Ich war plötzlich so high von meiner Entdeckung, daß ich auf die Straße rennen wollte, um zu rufen: "Hört mir zu! Ich weiß es. Es ist total einfach."
Und es ist tatsächlich ganz simpel. Wenn wir das doch bloß schon früher gewußt hätten, wir hätten uns soviel erspart. Im Endeffekt geht es nämlich nur darum, daß ... ah, moment mal.
Was mach ich hier eigentlich?
FINDS DOCH GEFÄLLIGST SELBER HERAUS !!!

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